Nach dem starken Einbruch durch die Coronavirus-Pandemie samt Lockdowns ist die Wirtschaftsleistung in den letzten Monaten stark gewachsen – in einer Hinsicht zu schnell: Laut Analyse des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) ist das Tempo so hoch, dass die Produktion damit nicht Schritt halten kann. Die Folge sind Lieferengpässe und Preissteigerungen. Der Aufschwung bremst sich so quasi selbst aus.
Der Aufschwung der Weltwirtschaft habe „so unerwartet früh und kräftig“ eingesetzt, so das WIFO in einer Presseaussendung am Donnerstag, „dass die Produktion hinterherhinkt, Lagerbestände geräumt werden und Lieferengpässe entstehen“. Das führe „zu beträchtlichen Preissteigerungen“, die zunehmend als Bremse für wirkten.
In Österreich lag das Wirtschaftswachstum laut dem Institut im zweiten Quartal des laufenden Jahres mit plus 3,6 Prozent doch deutlich über dem Durchschnittsniveau der 19 Länder umfassenden Euro-Zone mit 2,2 Prozent. Im Juli hatte es vom WIFO geheißen, mit einem Plus von 6,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat habe die Wirtschaftsleistung wieder das Vorkrisenniveau von 2019 erreicht, Mitte August sei sie bereits um 1,5 Prozent darüber gelegen. Auch die Arbeitslosenzahlen sinken.
Waren es am Höhepunkt der CoV-Pandemie Produktionsausfälle als Folge von Werksschließungen und Quarantänemaßnahmen, ist es nun die starke Nachfrage, die zu Lieferengpässen und, wie es im Konjunkturbericht des WIFO heißt, „beträchtlichen Materialengpässen“ führt. Darüber klagt etwa das Baugewerbe ähnlich wie die Fahrzeugindustrie. Dort etwa stünden einer großen Nachfrage Lieferengpässen bei Halbleitern gegenüber. Die Folge ist Kurzarbeit.
Aktuell kämpften nach eigenen Angaben 32 Prozent der österreichischen Industriebetriebe mit Materialmangel (gegenüber maximal 15 Prozent „in normalen Aufschwüngen“), so das WIFO, das auch auf die teils enorm stark gestiegenen Preise für Industrierohstoffe verweist. Diese hätten sich zwischen April 2020 und Mai 2021 mehr als verdoppelt, und das, obwohl sie in den Krisenmonaten zuvor „nur“ um durchschnittlich 14 Prozent gesunken seien.
Als Folge wolle jeder zweite Industriebetrieb seine Verkaufspreise demnächst erhöhen. Stark steigende Großhandelspreise bei Rohstoffen hatten zuletzt auch die Angst vor einer künftig hohen Teuerungsrate genährt. Der Trend nach oben flachte sich allerdings im August etwas ab, wie die Statistik Austria kürzlich berichtete.
Die aktuelle Konjunkturentwicklung hat auch ihre eigene ökonomische Komplexität – vereinfacht gesagt verläuft sie nicht in gewohnten Bahnen. Lagerbestände würden derzeit weltweit stark sinken. „Üblicherweise“, analysiert das WIFO, folge „einem Lagerabbau ein Konjunkturabschwung“. Diesmal sei der Abbau aber Ausdruck eines „äußerst kräftigen Aufschwungs“ seit dem Frühjahr und dessen „Plötzlichkeit“ und Stärke.
Außerdem hätten Lockdowns der Kaufkraft der Haushalte und den Produktionskapazitäten von Unternehmen nicht so stark zugesetzt, wie man vorher vielleicht angenommen hatte und wie es „herkömmliche“ Krisen tun. Auch deshalb sei die Erholung kräftig ausgefallen. Ein Faktor seien auch „großzügige wirtschaftspolitische Maßnahmen“ gewesen.
Wesentlicher Motor des Aufschwungs ist laut WIFO das Gastgewerbe, das von der CoV-Krise und Lockdowns besonders hart getroffen wurde. Die Branche habe zu mehr als 50 Prozent zu dem Quartalswachstum beigetragen. Dennoch sind die Zahlen in Hotellerie und Gastgewerbe nicht dort, wo sie vor der CoV-Krise waren.
Nach einem praktischen Totalausfall in der letzten Wintersaison (mit minus 90 Prozent und mehr bei den Nächtigungszahlen gegenüber 2019/2020) habe es im Tourismus in der ersten Hälfte der Sommersaison „deutliche Nachfragezuwächse“ bei Ankünften, Nächtigungen und Einnahmen um oder über 20 Prozent gegeben, hieß es in der letzten Tourismusanalyse des WIFO vom Montag. Die prognostizierte Nachfragesteigerung für die gesamte Sommersaison 2021 beläuft sich auf plus 10,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (nach einem Minus von 24,7 Prozent gegenüber 2019).
geka, ORF.at

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