Der US-Konzern will unter anderem eine neue Cloud-Region Berlin-Brandenburg errichten. Der Investitionsplan reicht bis ins Jahr 2030.
Google will bis 2030 in Deutschland eine Milliarde Euro in Cloud-Infrastruktur – dabei werden Daten auf externen Servern gelagert – und erneuerbare Energien investieren. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) begrüßte den Schritt am Dienstag als „starkes Signal“, das zeige, „dass grüne Energie längst ein zentraler Faktor für die Standortwahl ist“.
Die Region Berlin-Brandenburg wird dabei einen Schwerpunkt bilden. Der Suchmaschinenkonzern will sie ab 2022 zur sogenannten Cloud-Region erklären, in der Unternehmen besser auf seine Dienste zugreifen und sie für ihre Produkte und Dienstleistungen nutzen können als andernorts.
In diesen Regionen, von denen weltweit 27 ausgewiesen wurden, sei etwa die Verbindung zur Cloud schneller und zuverlässiger vor Ausfällen geschützt, erklärte Googles Zentraleuropa-Chef Philipp Justus am Dienstag bei der Vorstellung der Pläne in Berlin. Verzögerungen in der Übertragung, die sogenannte Latenz, sind ein großes Problem der Technologie, wenn etwa Industrieanlagen in Echtzeit aus der Ferne überwacht oder Videospiele gestreamt werden sollen, statt sie zuhause auf Rechner oder Konsole zu laden. Für die Kunden gibt es aber auch rechtliche und regulatorische Gründe, lieber auf Cloud-Rechnern zu arbeiten, die in Deutschland stehen statt in den USA.
Welcher Anteil des Gesamtinvestments von einer Milliarde Euro in die Hauptstadtregion fließt und wo genau die neuen Cloud-Server dort stehen sollen, wollte Google-Manager Justus nicht beantworten. Die Rechenzentren sollen aber sowohl in Berlin selbst als auch in der brandenburgischen Umgebung errichtet oder angemietet werden. Es gebe schon viel Nachfrage von Unternehmenskunden aus der Region, sagte Justus.
Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte, dass der Konzern mit seinen Plänen die „digitale und ökologische Transformation der Wirtschaft in der Hauptstadt“ unterstütze. Die Politik brauche „starke Partner, um den Digitalstandort Berlin-Brandenburg weiter zu stärken und nachhaltig zu entwickeln.“ Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) teilte mit, Googles Engagement zeige: „Die Hauptstadtregion wird als Wirtschaftsstandort international wahrgenommen.“
Er erhoffe sich davon nicht nur neue Arbeitsplätze und eine modernere digitale Infrastruktur, sondern auch, dass heimischen Unternehmen geholfen werde, „sich in der digitalen und globalen Wirtschaftswelt weiterhin behaupten zu können“.
An neue Jobs glaubt auch Jörg Nolte, Geschäftsführer für Wirtschaft und Politik bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin: „Cloud-Anwendungen gehören bereits bei sieben von zehn Unternehmen zum Stand der Technik. Durch die Ansiedlung ergeben sich für den Mittelstand der Hauptstadtregion neue Chancen“, sagte er. Für den Erfolg brauche es aber auch eine gute Zusammenarbeit mit den Landesregierungen, etwa bei Genehmigungen oder der Bereitstellung von erneuerbaren Energien.
„Die ganze Welt schaut nach Brandenburg, wenn sich hier ein Global Player wie Google ansiedelt, sagte Guido Weiß von der Landesarbeitsgemeinschaft der Brandenburgischen Industrie- und Handelskammern. Nicht erst seit Tesla kenne man die daraus folgenden Herausforderungen. Die Kammern würden bereitstehen, das Vorhaben zu unterstützen, etwa bei der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften oder der Anbahnung von Kooperationen mit heimischen Unternehmen.
Die Digitalwirtschaft sei einer der wichtigsten Wachstumstreiber für die Hauptstadtregion, sagte der Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Sven Weickert. „Die Google-Investition wird der Branche helfen, ihre gute Position weiter zu stärken und auszubauen.“
Google will sich offensichtlich nicht mit Platz drei der Cloud-Anbieter hinter Amazon und Microsoft zufriedengeben. Mit den Cloud-Regionen glaubt der Konzern, einen Weg gefunden zu haben, seine Dienste in Übereinstimmung mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung anbieten zu können. Datenschützer wie der Aktivist Max Schrems sehen es anders. Er ist der Meinung, dass Unternehmen und Einrichtungen in Europa eigentlich gar keine Cloud-Dienste von Anbietern aus den USA einsetzen dürfen.
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Berlin-Brandenburg ist Googles zweite Cloud-Region in Deutschland nach dem Raum Frankfurt am Main. 20 Kilometer vom dortigen Internet-Knotenpunkt DE-CIX wird im hessischen Hanau im kommenden Jahr ein neues Rechenzentrum des Konzerns fertiggestellt. Das 10.000 Quadratmeter große Gebäude soll möglichst energieeffizient betrieben werden.
Denn der Strombedarf von Rechenzentren ist enorm. Nach Berechnungen des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit wird er durch Cloud-Computing in Europa bis 2025 auf über 90 Terawattstunden pro Jahr steigen. Fast ein Fünftel des Nettostromverbrauchs von ganz Deutschland, der im Jahr 2020 bei rund 488 Terawattstunden lag.
Was die neuen Anlagen in Berlin, Brandenburg und Hanau verbrauchen werden, wollte Google nicht beziffern. Der Konzern hat das Ziel ausgegeben, bis 2030 rund um die Uhr nur noch mit Strom aus erneuerbaren Quellen zu arbeiten. Man wolle nicht mehr wie bisher die Lücken in der Versorgung mit Wind- oder Solarenergie durch Kohlestrom füllen müssen, sagte Marc Oman, Leiter des Google-Energieteams in Europa, am Dienstag.
Deswegen geht Google eine Partnerschaft mit dem Energieversorger Engie ein, die sicherstellen soll, dass schon „ab 2022 zu jeder Stunde rund 80 Prozent der an die Google-Infrastruktur gelieferten Energie aus CO2-freien Quellen stammt“. In den kommenden Jahren sollen so 140 Megawatt Sonnen- und Windstrom entstehen, ein neues Solarkraftwerk in der Nähe von Rostock gebaut und 22 Windparks in Deutschland am Leben erhalten werden. (mit dpa)