Wir verwenden Cookies, um unser Angebot für Sie zu verbessern. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Der Weltklimarat hat seine Analyse zur Erderwärmung veröffentlicht. Die Ergebnisse sind – auch für die Wirtschaft – anspruchsvoll und kompliziert. Sie sind auf eine Art aber auch recht einfach, meint Andreas Rostek.
Der Bericht, den der Weltklimarat jetzt vorgelegt hat, ist – wie alle diese wegweisenden Analysen – eine Einladung zum Widerspruch, zum Nachrechnen im Detail und zum Vorrechnen erwartbarer Kosten. Nun gehört das Rechnen zur Aufgabe von Manager, Besitzerin und Aktionär eines Unternehmens, und selbst von Spekulantinnen, die etwas auf sich halten. Und vom oft zitierten ehrbaren Kaufmann ohnehin.
Das ist das Wesen des Wirtschaftens: Kosten abschätzen, Gewinne anstreben, Verluste minimieren. Im Fall der jetzt durch die Forscher des IPCC vorgelegten Analyse haben wir es allerdings mit Rechenoperationen unter erschwerten Bedingungen zu tun. Da mutet manches Nach- und Vorrechnen an, als wolle der Besitzer eines Ladens, der gerade brennt, erst einmal sehen, ob es wirklich heiß ist, ob er sich die Löscharbeiten leisten kann und was es überhaupt kosten würde, wenn alles in Schutt und Asche liegt. Und derweil brennt der Laden.
Räumen wir ein, dass es sich um einen Schwelbrand handeln könnte (sofern man nicht gerade in Griechenland oder Kalifornien sitzt): Brandursachen und Brandfolgen mögen nicht unmittelbar erkennbar sein. Das erschwert die Kosten-Nutzen-Abwägung. Das mag das Gemüt des ehrbaren Kaufmanns verwirren, der um den Preis des Überlebens seines Ladens auf den kurzfristigen Gewinn achten muss, und Kosten gern streckt und in einer fernen Zukunft verbuchen will. Zur Gemeinheit von Naturprozessen, auch wenn sie menschengemacht sind, aber gehört: Sie spielen sich in anderen Zeitkategorien ab als denen, die Quartals- und Jahresbilanzen zugrunde liegen. Und plötzlich ist es zu spät, und durch das Ahrtal schallt verzweifelt die Erkenntnis: Hätten wir doch nur…
Klimaschäden – Autowracks, die von der Flut der Ahr weggespült wurden, auf einem Sammelplatz
„Die Wissenschaft erlaubt uns nicht, die Welt so zu sehen, wie wir sie gerne hätten“, sagte jetzt Patricia Espinosa, Chefin des Uno-Klimasekretariats. „Sie soll uns zeigen, wie sie wirklich ist.“ Das ist so richtig wie einfach. Nur, das nimmt auch jeder Hedgefonds-Manager für sich in Anspruch, der mit seinen Zahlen jongliert, um Reibach zu machen, und behauptet, dadurch würden Schwachstellen der Wirtschaft aufgedeckt.
Manager und Besitzerin und Aktionär eines Unternehmens und auch die Hedgefonds-Managerin müssen also eines Besseren belehrt werden, müssen zum Lernen getrieben, müssen zum Jagen getragen werden. Lernen geschieht durch einleuchtenden Lehrstoff, durch Wiederholung, durch Vorbilder. Und bisweilen durch Zwang. Wobei der nicht allein von dem Satz ausgehen kann, dass man durch Schaden klug wird. Denn wieviel Schaden können wir uns leisten, bis der Laden abgebrannt ist?
An Lehrstoff, an wissenschaftlicher Erkenntnis, fehlt es nicht. Es fehlt aber offenbar an ausreichender Wiederholung des nur zu gut Bekannten: Da hilft jede Demo von Fridays for Future, jedes besserwisserische Interview der Klimapäpste, jedes Kind, das fragt, warum die Bäume sterben, jeder Klimabericht.
Auch die Vorbilder (in der Wirtschaft) nehmen zwar zu an Zahl und Bedeutung, aber es müssen mehr werden: Mehr Unternehmen, die beteuern, sie wollten klimaneutral produzieren, fliegen, fahren liefern; mehr Unternehmen, die ihre E-Autos über den grünen Klee loben, mehr Wurstfabrikanten, die auf das Rind verzichten, mehr Länder, die auf den Handel mit CO2-Zertifikaten setzen (und Wälder aufforsten), mehr Jugendliche, die auf keinen Fall mehr ein Flugzeug besteigen wollen, mehr Net-Zero Insurance Alliances mit ihrem CO2-emissionsfreien Versicherungs-Portfolio, mehr Öl-Multis, die auf erneuerbare Energie umschwenken ….
Und wenn die alle nur greenwashing betreiben? Wenn die also nur so tun als ob? Damit werden sie nicht weit kommen. Denn offenbar steigt der Zahl der doch alles bestimmenden Verbraucherinnen und Verbraucher, die wissen, dass der Laden brennt, dass etwas geschehen muss, dass man von Firmen verlangen kann umzudenken. Es müssen mehr werden, um den Firmen beim Rechnen und Umdenken zu helfen. So einfach ist das manchmal.
Beim Umdenken helfen – mehr Demonstrationen!
Und wenn die wirklich großen Dreckschleudern auf dieser Welt, die gigantischen Fabrikansammlungen in China und anderen aufstrebenden Ländern sich hinter dem Argument verschanzen, die jetzt schon reichen Länder hätten schließlich allen die Suppe eingebrockt, wären ja erst dadurch reich geworden und wollten jetzt andere durch wohlfeiles Umweltgerede davon abhalten, aufzuschließen? Sei’s drum. Der eigene Laden brennt, da hilft der Blick in die Ferne nur bedingt. So einfach ist das manchmal.
Und manchmal braucht es Zwang, um etwas zu kapieren. Politischen Zwang, der von Landräten, Parteien, Bundeskanzlerinnen, Weltklimakonferenzen ausgehen kann. Und von Wählern. Und von Kundinnen. Von uns. So einfach ist das manchmal.
Starkregen, Hitzewellen, Meeresspiegel-Anstieg: Der Weltklimarat warnt in seinem Bericht eindringlich vor den Folgen der Erderwärmung – der CO2-Ausstoß müsse unverzüglich und stark reduziert werden.
Die Monate Juli und August 2021 sind von extremen Wetterlagen geprägt – Dürre und Brände in Südeuropa, Russland und Amerika, schwere Überschwemmungen in Asien. Ein Überblick.
© 2021 Deutsche Welle | Datenschutz | Impressum | Kontakt | Mobile Version