Stand: 18.08.2021 13:37 Uhr
Eisen, Kupfer, Lithium, Gold: Afghanistan ist reich an Bodenschätzen. Ihr Wert wird auf mehrere Billionen Dollar geschätzt. Nach der Machtübernahme der Taliban hoffen nun China und andere Länder auf Zugang zu den Rohstoffen.
Von Lothar Gries, tagesschau.de
David Petraeus, ehemaliger Oberbefehlshaber der US-Truppen in Afghanistan, schwärmte bereits vor elf Jahren von den „atemberaubenden“ Rohstoffvorkommen des kargen Landes. Die Vorräte an Kupfer, Lithium, Eisen, Gold und Kobalt reichten aus, um das von Kriegen und Bürgerkrieg gebeutelte Land zu einem führenden Rohstofflieferanten zu machen.
Die Hoffnungen des Generals und die der Eliten des Landes erfüllten sich nicht, verhinderten doch die anhaltenden Kämpfe mit den Taliban und die politische Instabilität des Landes eine wirtschaftlich rentable und sinnvolle Ausbeutung der Bodenschätze. Entdeckt hatten sie einst die russischen Besatzer, die ihre Erkenntnisse später mit den Amerikanern teilten. Der US-Geologiebehörde USGS zufolge sind allerdings noch 70 Prozent der Fläche Afghanistans unerforscht.
Nach dem Rückzug der USA und ihrer westlichen Verbündeten sehen nun die Regierungen anderer Staaten ihre Chance gekommen, nach den begehrten Rohstoffen des Landes zu greifen. Besonders China bringt sich in Stellung und bietet sich den neuen Machthabern in Kabul als Helfer in der Krise an. Auch im Iran, in Indien und der Türkei wecken die afghanischen Bodenschätze Begehrlichkeiten.
17.08.2021
China sieht im Scheitern der Militärintervention in Afghanistan einen Beleg für die schwindende Macht der USA.
Die US-Geologen schätzen, dass Afghanistan über Rohstoffe im Wert von drei Billionen Dollar verfügt. US-Medien zufolge schlummern in den Böden des Landes so große Lithium-Reserven wie in Bolivien, wo die weltgrößten Vorkommen dieses Rohstoffs vermutet werden. Es habe damit das Potenzial, zum „Saudi-Arabien für Lithium“ zu werden, zitierte bereits vor zehn Jahren die „New York Times“ aus einem internen Bericht des US-Verteidigungsministeriums. Lithium wird für wieder aufladbare Batterien gebraucht, wie sie in Handys, Laptops oder Elektroautos verwendet werden.
Auch die Eisen- und Kupferadern sind offenbar riesig. Danach schlummern zwei Milliarden Tonnen Kupfererz, aber auch Gold und Kohle sowie reiche Vorkommen Seltener Erden in den Böden des Landes. Zudem werden 1,6 Milliarden Barrel Rohöl im Untergrund vermutet. Genug, um die Funde zum Rückgrat der afghanischen Wirtschaft zu machen und das Land zu einem führenden Rohstoffexporteur aufsteigen zu lassen, so US-Experten.
In ihrem letzten Bericht zu Afghanistan äußert sich die amerikanische Geologiebehörde aber skeptisch, dass dies auch gelingen kann, weil das Land – unabhängig von der labilen Sicherheitslage – nicht über die nötige Infrastruktur verfüge. So gebe es weder eine funktionstüchtige Bergbauindustrie noch die für Exporte nötigen Straßen oder Schienenwege. Es wäre äußerst kostenintensiv, die Rohstoffe zu heben und dann außer Landes zu schaffen, so die USGS.
Wie schwer es ist, in dem Land zu arbeiten, mussten zuletzt auch die Chinesen feststellen. Seit Juli 2015 ist das staatseigene Bergbauunternehmen Metallurgical Corp. of China (MCC) in Gesprächen mit der Regierung in Kabul, um sich die Rechte an der 35 Kilometer südlich der Hauptstadt gelegenen Kupfermine Aynak zu sichern. Zwar hat es erste Verträge gegeben, doch wurden sie 2016 von der Regierung gekündigt. Seitdem liege das Projekt auf Eis, so die USGS. Gefördert wurde noch nichts. Dabei handelt es sich offenbar um gigantische Vorkommen.
700 Millionen Tonnen Erze sollen in Aynak liegen, vor allem Malachit, mit einem Kupfergehalt, der die der chilenischen Minen übersteigt. Sollte es den Chinesen nun gelingen, nun mit den Taliban ins Gespräch zu kommen und doch noch eine Vereinbarung zu erzielen, wäre dies für die Regierung in Peking ein großer Erfolg. Für die Chinesen bietet der Rückzug der Amerikaner nach Ansicht von Experten noch eine weitere Chance: Sie können nun einen erneuten Versuch starten, Afghanistan an die Neue Seidenstraße anzuschließen.
An einer leistungsfähigen und stabilen Verbindung zu Afghanistan haben auch die Nachbarländer Usbekistan und Pakistan Interesse. Der englischsprachigen Zeitung „Japan Times“ zufolge gibt es Überlegungen zum Bau einer durchgehenden Eisenbahnverbindung von Termez an der afghanisch-usbekischen Grenze in die pakistanische Stadt Peshawar – über Masar-i-Sharif und Kabul in Afghanistan. Die Bahn könnte bis zu 20 Millionen Tonnen Fracht pro Jahr transportieren. Der von Usbekistan gebaute Abschnitt von Termez nach Masar-i-Sharif ist bereits in Betrieb. Problematisch sind allerdings die verbleibenden 573 Kilometer nach Peshawar. Denn sie müssen das Hindukusch-Gebirge überqueren, dessen Pässe mehr als 3500 Meter über dem Meer liegen und nur mittels eines Tunnels überwunden werden könnten. Die Realisierung eines solchen Projekts würde viele Milliarden Dollar verschlingen und viele Jahre dauern.
Auch die Russen würden in Afghanistan gerne Geschäfte machen. So versucht der staatliche Gaskonzern Gazprom schon seit Jahren, die Gasfelder an der afghanisch-turkmenischen Grenze zu erschließen. Ferner sind seit Jahren drei russische Wasserkraftwerke geplant, die nach dem Rückzug der Amerikaner nun realisiert werden könnten, falls die neuen Machthaber mit den ehemaligen Besatzern zu Gesprächen bereit sind.
Über dieses Thema berichtete BR24 Wirtschaft und Börse am 17. August 2021 um 13:38 Uhr.
17.08.2021 – 12:31 Uhr
Liveblog 17.08.2021 – 23:44 Uhr
17.08.2021 – 01:46 Uhr
17.08.2021 – 13:38 Uhr
19.09.2019 – 08:57 Uhr
Reportage 20.06.2021 – 16:40 Uhr

source