Ein BMW i8 am Ende der Fertigungslinie im Leipziger BMW-Werk.
Deutsche Autos werden größer und schwerer, aber damit wächst auch der Bedarf an Rohstoffen aus aller Welt. Eine Studie geht deren Herkunft nach – und verlangt einen radikalen Kurswechsel.
Von .css-viqvuv{border-bottom:1px solid #29293a;-webkit-text-decoration:none;text-decoration:none;-webkit-transition:border-bottom 150ms ease-in-out;transition:border-bottom 150ms ease-in-out;}.css-viqvuv:hover{border-bottom-color:transparent;}Michael Bauchmüller, Berlin
Woher das Bauxit oder das Eisenerz stammt, ist weder der Alufelge noch der Motorhaube anzusehen. Ob zum Beispiel Bauxit aus der Sangaredi-Mine im westafrikanischen Guinea im Aluminium steckt. Oder aber Eisenerz aus dem brasilianischen Bromadinho stammt, wo 2019 ein Rückhaltedamm brach und 271 Menschenleben forderte. Dessen Betreiberkonzern Vale beliefere schließlich auch deutsche Autohersteller, sagt Armin Paasch, der sich beim katholischen Hilfswerk Misereor mit Wirtschaft und Menschenrechten befasst. „Immer wieder werden Menschenrechtsverletzungen beim Rohstoffabbau in der Lieferkette der Automobilindustrie dokumentiert“, sagt Paasch.
Passend zur Automesse IAA sind die Hilfswerke Misereor und „Brot für die Welt“ der Frage nachgegangen, was an Rohstoffen so alles über deutsche Straßen rollt – und wie es beim Abbau dieser Rohstoffe zugeht. Zusammen mit der Organisation Powershift untersuchten sie das aber nicht nur mit Blick auf die Batteriezellen von Elektroautos, sondern auch auf fossile Verbrenner. Die Erkenntnisse sind nicht gerade beruhigend.
Beispiel Aluminium: Als Material in Autos ist es in den vergangenen Jahren immer attraktiver geworden, seines geringen Gewichts wegen. Nach Zahlen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe landen 47 Prozent des gesamten hierzulande genutzten Aluminiums im Fahrzeugbau. Mittlerweile stecken im Durchschnitt in jedem Auto 160 Kilogramm davon. Von dem dafür nötigen Bauxit, so heißt es nun in der Studie, stammen 90 Prozent aus Guinea, etwa aus der Sangaredi-Mine. Die wiederum wurde zuletzt auch mit deutscher Hilfe erweitert, die Bundesregierung ist schließlich um die Rohstoffversorgung der Industrie bemüht.
Entsprechend nüchtern antwortete die Regierung im Februar auf eine Kleine Anfrage der Grünen: „Der Minenbetrieb geht mit den für diesen Sektor typischen Auswirkungen für Anwohner und Biodiversität einher, insbesondere durch den großen Flächenverbrauch“, schrieb sie. Die Folgen würden aber ausgeglichen, etwa durch Aufforstungen. Die Autoren der Studie dagegen berichten von versiegten Brunnen und Menschen, die in Mondlandschaften umgesiedelt wurden.
Ähnliche Geschichten gibt es von anderen Rohstoffen, nur ist die Herkunft oft noch schwieriger nachzuvollziehen. So verliefen durch einen Golf 1 in den Achtzigerjahren noch 214 Meter Kabel, durch die aktuelle Version dagegen fast 1,6 Kilometer. Dadurch wächst die Nachfrage nach Kupfer, und das kommt oft aus Lateinamerika. Deutschland ist der drittgrößte Importeur. Auch hier gibt es „typische Auswirkungen“ wie Flächen- und Wasserverbrauch. Auch hier gibt es Umweltkatastrophen wie den Bruch eines Damms im mexikanischen Tagebau Buenaviste del Cobre 2014, mitsamt der Ausschwemmung giftiger Schwermetalle. Die Liste an Beispielen, die die Organisationen zusammengetragen haben, ist lang. Immer geht es um Umweltschäden und Menschenrechte vor Ort. Den Autos aber sieht man von diesen Problemen nichts an.
In der Industrie freilich ist das Thema schon länger angekommen – nicht zuletzt auch durch das deutsche Lieferkettengesetz, das 2023 in Kraft treten soll und die Industrie etwas stärker in die Pflicht nimmt. Erst am Mittwoch verabschiedete der Daimler-Konzern eine „Grundsatzerklärung für Soziale Verantwortung und Menschenrechte“. Auch mit der Umwelt wolle man in allen Bereichen verantwortungsvoll umgehen, heißt es darin. Rohstoffe müssten „effizient und sparsam gefördert werden, um negative Folgen für die Umwelt zu vermeiden und/oder zu minimieren“.
Allerdings wurzele das Problem tiefer, finden die Autoren: bei der schieren Zahl der Fahrzeuge. „Trotz Klimakrise und Rohstoffkonflikten produziert die deutsche Autoindustrie immer mehr und immer schwerere Autos“, sagt Merle Groneweg von Powershift. „Wir brauchen weniger, kleinere, leichtere und in der Nutzung geteilte Autos.“ Und obwohl sich die Studie eingehend und kritisch mit den Folgen auch von Batterie-Rohstoffen wie Lithium oder Kobalt beschäftigt, sieht sie Elektroautos als Alternative. Die Energiedichte der Batterien werde besser, deren Gewicht sinke. Obendrein kommen sie ohne einen Rohstoff aus, der auch große Umweltwirkungen hat: Öl.
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