Wie anfällig Lieferketten sein können, erlebt gerade auch die Bauwirtschaft: Keine Computerchips bedeuten keine Dachfenster und den Baustopp.
Als frisch gewählte Chefin des IHK-Regionalausschusses arbeitet Renate Waßmer an der Agenda für die kommenden fünf Jahre.
Von .css-viqvuv{border-bottom:1px solid #29293a;-webkit-text-decoration:none;text-decoration:none;-webkit-transition:border-bottom 150ms ease-in-out;transition:border-bottom 150ms ease-in-out;}.css-viqvuv:hover{border-bottom-color:transparent;}Claudia Koestler
Als Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen gibt es für Renate Waßmer „keine ganz typische Woche“. Sie kümmere sich in dem dreiköpfigen Vorstand des Geldinstituts um die betriebswirtschaftlichen Bereiche Controlling und Rechnungswesen, um den Personalbereich, um alles, was Gremienarbeit betrifft, um die Kommunikation intern und extern, und um die sogenannte Marktfolge Kredit, sagt sie. Dazu kämen viel Projektarbeit, strategische Sitzungen, Mitarbeitergespräche, gleichzeitig vertrete sie als Vorsitzende auch „das Gesicht der Sparkasse nach außen.“ Doch damit nicht genug: Anfang Juni ist die 51-Jährige, die aus Bad Säckingen stammt, zur Chefin des IHK-Regionalausschusses im Landkreis gewählt worden und hat damit die Nachfolge von Reinhold Krämmel angetreten. In dieser ehrenamtlichen Funktion hat sie einen festen Sitz in der IHK-Vollversammlung, dem höchsten Organ der IHK. Und seit Juli ist Waßmer auch noch Vizepräsidentin der IHK München und Oberbayern.
Gehen Beruf und Ehrenämter bei ihr nun Hand in Hand? „Das weiß ich noch nicht, ich habe die Ämter ja erst seit Kurzem“, sagt sie lachend. „Aber ich glaube und hoffe schon, weil ja die Themen Hand in Hand gehen und es viele Schnittstellen mit meinem Beruf gibt.“
Den Kontakt zur IHK pflegt Waßmer schon lange. In ihrer früheren Heimat – dem Badischen, genauer gesagt: am Hochrhein – gibt es die Vereinigung der Wirtschaftsjunioren. Das sind junge Unternehmer und Führungskräfte unter 40, die weltweit tätig sind. „Die sind ein bisserl die jungen Wilden“, sagt Waßmer. Ein Kollege lud sie ein, und die Bankerin war fasziniert von der Branchenvielfalt in der Gruppierung. Für ein Jahr übernahm sie dort sogar den Vorsitz, über die Wirtschaftsjunioren wiederum kam sie mit der IHK in Verbindung. „Dadurch hatte ich schon lange eine gewisse Nähe“, erklärt sie. 2009 siedelte sie schließlich nach Bad Tölz um und wurde 2016 gefragt, ob sie es sich vorstellen könnte, für den Regionalausschuss zu kandidieren. Sie wurde Stellvertreterin, und als Krämmel heuer das Amt abgeben wollte, „war ich eben als Stellvertreterin etwas mehr im Fokus“, so Waßmer.
Ihr sei wichtig, die Themen aus den Regionalausschüssen auch ins Präsidium zu bringen. Um welche genau es sich handle, sei noch offen: „Weil wir erst Anfang Oktober unsere erste Arbeitssitzung haben“, erklärt sie den Ablauf im Regionalausschuss. Dann möchte sie zunächst Themen sammeln „aus der Vielfalt der Mitglieder heraus, aus Industrie, Handel, Dienstleistungen, von großen und kleinen Unternehmern“. Sie wolle „gar nicht groß was vorgeben, sondern in der Runde diskutieren, was wichtig ist“. Die künftige Themensetzung hänge auch von der Bundestagswahl ab, davon, „welche Regierung wir dann haben werden“. Mit den Kandidaten sei die IHK bereits in Kontakt. Es werden aber, vermutet Waßmer, vorwiegend die klassischen Themen sein, bei denen die IHK künftig die Interessen ihrer Mitglieder vertreten will: bezahlbarer Wohnraum, Gewerbeflächen, Fachkräftemangel, Infrastrukturverbesserungen, Breitbandausbau und Digitalisierung sowie die duale Berufsausbildung. „Und dann legen wir für die nächsten fünf Jahre eine Agenda zurecht“, sagt Waßmer. Das Handwerk, erklärt sie, habe in der Region teilweise sogar Zulauf. „Dienstleistungsbetriebe wie Friseure oder Kosmetiker waren stark betroffen, andere merken Corona deutlich weniger, im Gegenteil, das Bauhandwerk boomt. Aber sie spüren den Rohstoffmangel – genauso wie zahlreiche Industriebetriebe.“ Bauholz zu kriegen, sei mittlerweile deutlich schwieriger und teuer, und inzwischen fehlten auch immer öfter Computerchips. „Unternehmen, die etwa Dachfenster verbauen, die mit Sensor auf und zu gehen, sagen, dass diese nicht lieferbar sind – und in der Folge stockt eine Baustelle.“ Corona habe gezeigt, wie anfällig Lieferketten seien. Die Gastronomie wiederum kämpfe mit dem Mangel an Servicekräften. „Und jedem Einzelhändler kann ich nur raten: Baue einen Onlineshop auf und pflege diesen, damit die Wertschöpfung hier in der Region bleibt und nicht zu einem Global Player abwandert.“
Aus Waßmers Sicht braucht die Wirtschaft aber vor allem eines: „weniger Regulatorik!“ Auch wenn dies nicht bloß ein Thema der Region sei, sondern vor allem eines für Bund und Länder. „Hier müssen wir ein Stückweit mehr Bewegungsfreiheit schaffen, mehr Unternehmertum zulassen, schlanker werden.“ Es dürften nicht länger mehr und mehr Verordnungen kommen, ohne dass alte wegfielen: „Ein Regulatorik-Detox-Programm, das wär’s.“
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