Stand: 29.09.2021 13:31 Uhr
Die Kanareninsel La Palma lebt vor allem vom Bananenanbau. Doch der Lavastrom hat viele Plantagen zerstört. Bis dort wieder Bananen angebaut werden können, wird es Jahrzehnte dauern.
Übertönt vom andauernden Rumpeln des Vulkans und Schiffsgeräuschen beobachten Journalisten aus sicherer Entfernung von einem Boot aus, wie die Lava ins Meer strömt: Ein rotglühender Schwall stürzt über die rund hundert Meter hohe Klippe nördlich des Perdido-Strandes ins Meer. Große Dampfschwaden steigen auf.
David Calvo vom Kanarischen Vulkanologischen Institut hatte gestern noch einmal die potenziellen Gefahren beschrieben: Giftiges Chlorgas könne freigesetzt werden, Salzsäure könne entstehen und winzige Glaspartikel, die beim Einatmen schädlich für die Lunge sein könnten.
Für die Bevölkerung der Insel sind die Dämpfe aber eher keine Gefahr. Die Gemeinden, die in der Nähe der Klippen und des Strandes liegen, sind schon seit einer Woche evakuiert, auf dem Meer ist eine Sperrzone eingerichtet. Auf dem Weg zur Küste haben die Lavamassen hinter der Ortschaft Todoque zwar noch einige Gebäude zerstört, wirklich betroffen waren zuletzt aber vor allem Bananenplantagen.
Durch verbrennende Plastikfolie und Düngemittel war dabei giftiger Rauch entstanden – Rettungskräfte und Arbeiter, die noch Material in Sicherheit bringen wollten, kamen aber rechtzeitig aus der Gefahrenzone, erklärte der Chef des Zivilschutzes, Angel Morcuende.
Knapp 600 Häuser hat die Lava bisher zerstört, je nachdem, wie viel Lava noch fließt, ob neue Öffnungen an den Schloten entstehen oder sogar ganz neue Schlote aktiv werden, kann Lava auch bisher verschonte Häuser noch treffen.
Heute stehen allerdings die Bananenplantagen im Fokus auch der Vulkanologen. Die Lavaströme träfen das wirtschaftliche Herz der Insel, so Vulkanologe Calvo. Rund 60 Prozent des Wirtschaftsleistung der Insel kommt vom Bananenanbau, bis zu zehn Prozent der Plantagen könnten durch den Vulkanausbruch verloren gehen.
Bis die Lava durch Erosion und Pionierpflanzen so weit verändert ist, dass man dort vielleicht wieder an Landwirtschaft denken könnte, werden Jahrzehnte vergehen.
Unmittelbar brauchen aber diejenigen Hilfe, die ihre Wohnung, ihr Haus, ihr Hab und Gut verloren haben – oder auch nur für Wochen vorsichtshalber evakuiert sind. Die Zentralregierung hat La Palma deshalb zu einem „von einer Naturkatastrophe besonders betroffenen Gebiet“ erklärt. Damit können finanzielle Hilfen schneller aus dem Haushalt abgerufen werden und zu den Menschen kommen. Territorialministerin Isabel Rodriguez kündigte an, dass 10,5 Millionen Euro sofort fließen sollen.
Mit dem Geld sollen gut 100 Wohnungen für diejenigen zur Verfügung gestellt werden, die alles verloren haben, auch ihr täglicher Bedarf soll zunächst aus diesem Topf gedeckt werden. Außerdem beginnt eine Kommission damit, den Wiederaufbau von Infrastruktur zu koordinieren: Wasser- und Stromleitungen sind zerstört, mehr als 20 Kilometer Straße unter der Lava verschwunden, darunter die wichtige Nord-Süd-Verbindung.
Wann konkret der Wiederaufbau beginnen kann, weiß aber weiterhin niemand. Die Vulkanologen rechnen damit, dass der Vulkan noch viele Wochen aktiv bleibt.
Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 29. September 2021 um 12:00 Uhr.
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