Stand: 16.09.2021 08:56 Uhr
Erst die Finanzkrise, dann die Pandemie und die gewaltigen Waldbrände: Griechenland hat schwere Jahre hinter sich. Nun geht es mit der Wirtschaft bergauf – und Ministerpräsident Mitsotakis kann Milliarden verteilen.
Einer der wichtigsten Termine für Kyriakos Mitsotakis findet im nordgriechischen Thessaloniki statt. Traditionell hält der amtierende Ministerpräsident jedes Jahr im September im Rahmen der Internationalen Messe eine Grundsatzrede und präsentiert den Fahrplan seiner Regierung für das nächste Jahr.
Dieses Mal ist er mit einer guten Nachricht nach Thessaloniki gekommen: Die griechische Wirtschaft erholt sich viel schneller von der Pandemie als erwartet. „In Absprache mit dem Finanzstab geben wir heute bekannt, dass wir unser Wachstumsziel für 2021 von 3,6 Prozent auf 5,9 Prozent revidieren. Das bedeutet Wachstum für alle.“
Dank steigender Investitionen und höherer Exporterlöse scheint es für das krisengebeutelte Griechenland wieder bergauf zu gehen. Für die Regierung bedeutet das größere Wachstum: Es steht mehr Geld im Haushaltstopf zur Verfügung. Nach vielen Jahren der Einsparungen und Kürzungen hat Mitsotakis nun eine ganze Reihe von Steuersenkungen und Sozialleistungen angekündigt. Etwa 3,4 Milliarden Euro sollen die Maßnahmen kosten, von denen sowohl Bürger, als auch Unternehmen profitieren sollen.
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Besonders im Fokus steht bei Mitsotakis‘ Rede aber die junge Generation. „Ihr seid nur mit Krisen aufgewachsen: Vom Finanzkollaps bis hin zur Pandemie, die euch eingesperrt hat“, richtet er das Wort an sie. „Und natürlich die Klimakrise, die vor allem eure Generation betrifft. Denn ihr lauft Gefahr, dass ihr einen brennenden Planeten erhaltet, voller Bedrohungen.“
Deswegen wolle er einen nationalen Aktionsplan für die Jugend auf den Weg bringen: Im ersten Schritt sollen junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, die erstmals ein Arbeitsverhältnis eingehen, im ersten Jahr finanziell unterstützt werden. Dabei sollen 600 Euro an den Arbeitgeber und 600 Euro an die Jugendlichen gehen. Damit versucht die Regierung, gegen die europaweit besonders hohe Jugendarbeitslosigkeit vorzugehen. Im vergangenen Mai lag diese bei knapp 40 Prozent.
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Es sei daher dringend nötig, dass die Politik endlich gegensteuere, sagt Grigóris Zarotiádis, Wirtschaftsprofessor an der Aristoteles-Universität in Thessaloniki. Er ist skeptisch, dass die nun angekündigten Maßnahmen wirklich helfen könnten. „Es gibt so viele andere Themen“, mahnt der Wissenschaftler an. „Es gibt offene Fragen, was die Ausbildung an den Hochschulen angeht oder die Situation der weiterführenden Schulen. Es gibt Fragen, wie man die Beschäftigung junger Menschen steigern kann.“ Da habe Mitsotakis zwar einige Maßnahmen angekündigt, die reichten aber nicht aus, so Zarotiádis. „Ich glaube, in diesem Fall ist die Realität weniger beeindruckend als die Art, wie sie präsentiert wurde.“
Gegenwind für Mitsotakis kommt aber auch aus Teilen der Bevölkerung: Während er seine Rede hielt, demonstrierten etwa 21.000 Menschen in Thessaloniki. Denn immer mehr Menschen in Griechenland sind unzufrieden, wie die Regierung mit der Pandemie umgeht. Dazu kommt, dass die Energiekonzerne angekündigt haben, im Herbst die Strom- und Energiepreise deutlich anzuheben. Zwar hat Mitsotakis auch diesbezüglich angekündigt, einen Ausgleich zu schaffen. Doch in vielen Haushalten sind die Rücklagen nach bald zwei Jahren Pandemie aufgebraucht.
Dieser Beitrag lief am 13. September 2021 um 09:00 Uhr auf hr-info Aktuell.
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