In einem Labor von Curevac schaut sich ein Mann einen Träger mit Bakterien an.
Biotech-Investor von Bohlen hadert mit dem Standort Deutschland für Start-ups und Pharmaforschung. Auch der Datenschutz behindere die Entwicklung neuer Medikamente. Bohlen ist mit seiner Kritik nicht allein.
Von .css-viqvuv{border-bottom:1px solid #29293a;-webkit-text-decoration:none;text-decoration:none;-webkit-transition:border-bottom 150ms ease-in-out;transition:border-bottom 150ms ease-in-out;}.css-viqvuv:hover{border-bottom-color:transparent;}Elisabeth Dostert, Grenzach-Wylen
Er klingt wie ein Mann, der eigentlich auf gepackten Koffern sitzen müsste, um Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen, weil ihm das Umfeld für seine Geschäfte so gar nicht passt. Friedrich von Bohlen ist Mitgründer und Geschäftsführer der Holding Dievini Hopp Bio Tech, über die SAP-Mitgründer Dietmar Hopp seine Beteiligungen steuert, darunter die am Impfstoffentwickler Curevac. Auch an der von Bohlen mitgegründeten Firma Molecular Health ist Dievini beteiligt. Molecular Health liefert Software für eine datenbasierte Medikamentenentwicklung. Dafür hat sie eine Datenbank aufgebaut und Algorithmen zur Auswertung entwickelt. Über molekulare Präzisionsmedizin auf Basis großer Datenmengen, bei der Prävention und Therapie auf die individuelle genetische Prädisposition abgestimmt sind, redet Bohlen gerne.
Für Unternehmen, die an solchen Innovationen arbeiten, ist Deutschland, so lassen sich Bohlens Äußerungen auf einem Symposium des Pharmakonzerns Roche wohl zusammenfassen, kein guter Platz. Diese Klage ist nicht neu, und er ist auch nicht der Einzige, der sie äußert. Es gebe zu wenig Risikokapital, Börsengänge seien kaum möglich, weshalb auch Curevac sich für die USA entschieden habe. Vielleicht ist die Klage jetzt vor der Bundestagswahl noch etwas harscher geworden und das Szenario, das Menschen wie Bohlen zeichnen, noch düsterer.
Die Entwicklung von Therapeutika und Biotechnologie sei die „kapitalintensivste und riskanteste Anlageklasse überhaupt“, sagt der Investor. Solange dafür nicht die Rahmenbedingungen geschaffen würden, werde es schwer an Ländern, „die auf Angriff gepolt sind“ wie in Asien und die USA, dranzubleiben. Von Bohlen meint nicht nur steuerliche Aspekte wie die Nutzung von Verlustvorträgen. Er meint vor allem das fehlende Bewusstsein in der Bevölkerung, „dass Dinge auch mal schiefgehen können“, und das nicht deshalb, weil die Leute, die die Verantwortung trügen, dumm seien.
Weil die Entwicklung riskant sei, brauche es einen starken Patentschutz, meint Christoph Franz, Verwaltungsratspräsident der Roche Holding AG. Ohne ihn würde keiner das Risiko eingehen, viel Geld in die Forschung zu stecken, „ohne dass man weiß, ob es klappt“. Wer den Durchbruch schaffe, wie Biontech und Moderna mit der mRNA-Technologie, müsse auch davon profitieren.
In der Grundlagenforschung sehen Bohlen, Franz und Ulrike Köhl Deutschland durchaus in der Spitzengruppe. In der industriellen Umsetzung eher „in der zweiten Liga“, sagt Bohlen. In der Umsetzung zum Patienten hin sei Deutschland „deutlich zu schwach“, sagt Köhl, Direktorin des Instituts für Klinische Immunologie an der Universität Leipzig und Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie. Sie nennt ein Beispiel. So fänden 90 Prozent der Studien mit Car-T-Zellen, also lebenden, biotechnologisch veränderten Zellen zur Therapie von Krebs, in den USA und Asien statt.
Als großes Hindernis für eine datenbasierte Medizin und die Entwicklung neuer Medikamente hat Bohlen den deutschen Datenschutz ausgemacht, weil er die Auswertung und Nutzung von Patientendaten verhindere. „Daten sind nicht nur individuell. Wir lernen aus den Daten des einen für die Diagnose des anderen“, sagt Bohlen. „Die deutschen Patienten werden nach wie vor Zugang zu den besten innovativsten Medikamenten der Welt haben“, sagt Roche-Manager Franz: „Sie werden aber im Zweifelsfall nicht in Deutschland entwickelt sein.“ So will das auch Roche halten. „Wenn wir keinen Zugang zu wichtigen Daten und Grundlagen haben, werden wir uns den Zugang in Ländern verschaffen, wo das möglich ist, zum Beispiel in den USA oder China oder Japan oder anderen Ländern.“ Deutschland kopple sich selber ab, „wenn es diesen Weg nicht mitgehen will“. Es klingt ein bisschen wie eine Drohung.
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