Arbeiten ohne Kaffee geht für viele Menschen nicht. Im Büro gibt es oft schicke Kaffeemaschinen, was aber im Homeoffice tun? Die Pandemie hat den Kaffeegenuss in deutschen Haushalten verändert.
Genf/Hamburg (dpa) – Mehr Homeoffice verändert die Kaffeegewohnheiten zu Hause: „Es gibt einen Trend zu hochwertigerem Kaffee durch das Homeoffice“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes, Holger Preibisch. „Der Maschinenpark wird aufgerüstet.“
Ein Drittel der Menschen, die im Homeoffice arbeiten, kaufen jetzt hochwertigen, teureren Kaffee als früher, wie eine Umfrage des Kaffeeverbands zeigt. Fast die Hälfte hat über den Kauf einer neuen Maschine nachgedacht, und jeder Fünfte hat das Vorhaben umgesetzt. Bei den Neuanschaffungen liegen Vollautomaten und Kapselmaschinen vor herkömmlichen Filtermaschinen. In einem Vollautomaten werden Bohnen frisch gemahlen, und es können per Knopfdruck tassenweise verschiedene Zubereitungen gewählt werden. In Haushalten mit Homeoffice wird der Umfrage zufolge mehr Kaffee mit Vollautomaten als mit Filtermaschinen gemacht: 41 zu 40 Prozent.
„Der Kaffeekonsum ist 2020 spürbar gestiegen“, sagt Preibisch. „Es sieht so aus, als würde dieses Niveau 2021 gehalten.“ Die rund 66 Millionen regelmäßigen Kaffeetrinker konsumierten im vergangenen Jahr pro Kopf 212 Liter Kaffee, nach 209 Litern im Jahr davor. Das sei bemerkenswert, weil viele Cafés und Kaffeeläden, in denen sich etwa Pendlerinnen und Pendler versorgten, lange geschlossen gewesen seien, sagt Preibisch. Kaffee ist der Deutschen liebstes Getränk, vor Mineralwasser und Bier.
Ein Vollautomat zu Hause sei wie ein neues Statussymbol, das man Freunden zeige, meint Preibisch. „Und wer mit einem Vollautomat Kaffee zubereitet, achtet auf bessere Kaffeequalität.“
Herkunft und Verarbeitung spielen für Kaffeegenießer eine immer größere Rolle. Der Anteil von Kaffee mit Gütesiegel, das faire und nachhaltige Herstellung garantieren soll, steige jedes Jahr um etwa zehn Prozent – auf einen Anteil am Gesamtkaffee von 13 Prozent im vergangenen Jahr, sagte Preibisch. Es sei aber sicher schon doppelt so viel nachhaltig produzierter Kaffee auf dem Markt, aber nicht alle Hersteller nutzten dafür Gütesiegel.
„Nachhaltigkeit wird immer mehr zum Bestandteil der Qualität, neben Geschmack und Aroma“, sagt auch Philip von der Goltz, Geschäftsführer der Kaffeehandelsfirma List & Beisler. Er ist einer der Hauptautoren des neuen Kaffee-Reports des International Trade Centres (ITC), einer UN-Organisation zur Unterstützung kleiner und mittelständischer Unternehmen. Der Report gilt als Standardwerk der Branche und kommt etwa alle zehn Jahre heraus. Die neueste Ausgabe erschien am Freitag. „Die Menschen fordern mehr und mehr nachhaltige Produkte“, sagt von der Goltz. „Das ist auch für die Kaffeebauern und -produzenten ein zentrales Thema.“
Die Kaffeeszene habe sich mit Spezialitätenröstereien innerhalb von zehn Jahren rasant geändert: „Die Entwicklung ist genial für Kaffeetrinker. Sie bekommen nicht mehr eine schwarze Brühe, sondern ein Geschmackserlebnis, das es vorher nicht gab“, so von der Goltz.
Weltweit werden mehr als drei Milliarden Tassen Kaffee am Tag getrunken. Die Nachfrage sei innerhalb von 20 Jahren um 65 Prozent gestiegen, geht aus dem Bericht hervor. Die größten Produzenten sind Brasilien und Vietnam, gefolgt von Kolumbien und Indonesien. Der Kaffee stammt von 12,5 Millionen Farmen weltweit, 95 Prozent davon kleiner als fünf Hektar.
Viele Menschen wollten zwar nachhaltig hergestellte Produkte, aber nicht um jeden Preis, sagt Branchenvertreter Preibisch: „Der deutsche Kaffeetrinker ist sehr preissensibel.“ Von der Goltz sagt, weltweit spiele Nachhaltigkeit für zu viele Kaffeetrinker noch keine wichtige Rolle.
Stichwort Preis: Die Pandemie hat Lieferketten unterbrochen. Wegen Lockdowns fehlten Arbeiter auf Plantagen und in der Verarbeitung, und Grenzschließungen erschwerten den Transport – alles Elemente, die sich auf den Preis niederschlagen. Dazu verändert der Klimawandel den Kaffeeanbau und könnte ihn teurer machen. „Der Klimawandel dürfte die für Kaffeeanbau geeignete Fläche halbieren“, heißt es in dem Report.
Konkret haben einige Frosttage im Juli in Brasilien die Kaffeepflanzen schwer getroffen. Das dürfte die Produktion der nächsten Ernte schon um knapp zehn Prozent mindern, meint von der Goltz. Dazu komme eine Dürre. An den Rohstoffbörsen zog der Preis zeitweise schon um 30 Prozent an. Hinzukomme, dass Frachtpreise stark gestiegen seien. Bei einigen Herstellern sei der Kaffee schon teurer geworden, sagt von der Goltz.