Fertigung bei Volkswagen in Wolfsburg
Engpässe bei Lieferketten und eine zugleich hohe Nachfrage haben deutschen Firmen ein so dickes Auftragspolster wie noch nie beschert. Der Auftragsbestand wuchs im Juni um 2,8 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Er sei damit seit Juni 2020 kontinuierlich gestiegen und erreiche nunmehr »seinen höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Januar 2015«.
Dabei nahmen die offenen Bestellungen aus dem Inland um 4,0 Prozent zu, die aus dem Ausland um 2,2 Prozent. Im Vergleich zum Februar 2020 – dem Monat vor Beginn der Corona-Einschränkungen in Deutschland – ist der Bestand inzwischen saison- und kalenderbereinigt um 17,0 Prozent höher.
»Kurzfristig zeigt das dicke Auftragspolster, dass die Industrie wegen fehlender Halbleiter und anderer Probleme in den Lieferketten weniger produzieren kann, als sie es gern würde«, sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. »Sie kann viele Aufträge noch nicht abarbeiten. Das dämpft das Tempo des Aufschwungs.«
Langfristig sei es aber gut für die Konjunktur. Sobald fehlende Zulieferteile verfügbar seien, werde die Produktion rasch steigen. »Die Engpässe in den Lieferketten verlagern Produktion in die Zukunft. Die Autos und Maschinen, die Kunden schon bestellt haben, werden halt später produziert und geliefert«, sagte Schmieding. Im Winter könnte die Konjunktur aus diesem Grund kräftig an Fahrt gewinnen.
Die Nachfrage hat sich seit dem Ende des ersten Corona-Lockdowns erholt, doch klagen einer Ifo-Umfrage zufolge inzwischen fast zwei Drittel der Industriebetriebe über Materialengpässe. Daher lief die Produktion langsamer an als eigentlich möglich, wodurch sich die Auftragsbestände erhöhten. Deren Reichweite betrug im Juni wie schon im Vormonat 7,0 Monate. Diese Zahl gibt an, wie lange die Betriebe bei gleichbleibendem Umsatz ohne neue Bestellungen theoretisch produzieren müssten, um die vorhandene Nachfrage abzuarbeiten.
Die deutsche Industrie befindet sich in diesem Jahr im Aufwind. Ein Grund dafür ist das anziehende Auslandsgeschäft. Mit den USA und China stehen die wichtigsten Exportkunden der deutschen Unternehmen vor einer kräftigen Erholung in diesem Jahr, weshalb dort die Nachfrage nach Produkten »Made in Germany« zunimmt.
Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern stieg der Auftragsbestand im Juni um 0,9 Prozent, bei den Produzenten von Investitionsgütern wie Fahrzeugen und Maschinen um 3,2 Prozent und in der Konsumgüterbranche um 4,2 Prozent.
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